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„Sicheres Drittland": Britisches Parlament verabschiedet umstrittenes Gesetz für Abschiebungen nach Ruanda - WELT

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Veröffentlicht am 24.04.2024 | Lesedauer: 4 Minuten

Migranten können nach Ruanda abgeschoben werden, Parlament verabschiedet Gesetz

Nach langen Diskussionen hat der britische Premierminister Sunak ein Gesetz zum Asylpakt mit Ruanda durchs Parlament gebracht. Migranten sollen ungeachtet ihrer Herkunft in das ostafrikanische Land abgeschoben werden, wenn sie unerlaubt nach Großbritannien einreisen.

Quelle: WELT TV

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Großbritannien will irregulär eingereiste Migranten künftig nach Ruanda abschieben. Das Parlament in London hat ein umstrittenes Gesetz gebilligt, das Ruanda zum sicheren Drittstaat erklärt und Einsprüche gegen Abschiebungen verhindern soll. Vom Europarat gibt es scharfe Kritik.

Nach wochenlangen Diskussionen hat der britische Premierminister Rishi Sunak ein Gesetz zum umstrittenen Asylpakt mit Ruanda durchs Parlament gebracht. Migrantinnen und Migranten sollen ungeachtet ihrer Herkunft in das ostafrikanische Land abgeschoben werden, wenn sie unerlaubt nach Großbritannien einreisen. Der Entwurf, dem das Oberhaus in der Nacht zum Dienstag nach langem Widerstand zustimmte, erklärt Ruanda per Gesetz zum sicheren Drittstaat. Damit will die Regierung Einsprüche vor britischen Gerichten gegen Abschiebungen verhindern.

Das Oberhaus - das House of Lords - als zweite Parlamentskammer hatte mehrmals Änderungsanträge beschlossen, die dann in einem zeitaufwendigen Verfahren vom Unterhaus rückgängig gemacht wurden. Schließlich gab das House of Lords seinen Widerstand auf. Damit kann der Gesetzentwurf von König Charles III. mit seiner Unterschrift in Kraft gesetzt werden.

Der Asylpakt mit Ruanda sieht vor, dass irregulär eingereiste Migranten in Großbritannien keine Gelegenheit mehr zum Antrag auf Asyl erhalten sollen. Sie sollen stattdessen nach Ruanda gebracht werden und dort Asyl beantragen. Eine Rückkehr nach Großbritannien ist nicht vorgesehen. Der Plan war erstmals vor zwei Jahren vom damaligen Premierminister Boris Johnson vorgebracht worden.

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Rückführung von Migranten

Mit der Regelung sollen Menschen von der gefährlichen Überfahrt in kleinen Booten über den Ärmelkanal abgehalten werden. Gegner bezweifeln aber, dass das Gesetz Migranten abschrecken wird. Kritisiert wird auch, dass Großbritannien Hunderte Millionen Pfund an Ruanda zahlt, aber vermutlich nur ein Bruchteil der irregulär eingereisten Menschen abgeschoben wird.

Nach Einschätzung des Rechnungshofs in London zahlt die Regierung bis zu einer halben Milliarde Pfund (584 Millonen Euro). Dazu könnten noch Hunderttausende Pfund pro Asylbewerber kommen. Der Abgeordnete Neil Coyle von der Oppositionspartei Labour spottete neulich im Parlament: „Ist dem Staatssekretär bewusst, dass Virgin Galactic sechs Menschen für weniger Geld ins All schicken kann, als die Regierung ausgeben will, um eine Person noch Ruanda zu senden?"

Premier Sunak kündigte an, einstweilige Verfügungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gegen den Asylpakt mit Ruanda zu ignorieren. Zugleich betonte er am Montag, sein Vorgehen stehe nicht im Konflikt mit internationalem Recht. Die Zeitung „Times" berichtete, Sunaks Regierung wolle ähnliche Abkommen mit Armenien, der Elfenbeinküste, Costa Rica und Botswana ausloten.

„Stop the boats": Der britische Premier Rishi Sunak

Quelle: dpa/Toby Melville

Die erste Maschine solle in zehn bis zwölf Wochen abheben, kündigte Sunak an. Bisher hatte die Regierung den ersten Abflug für den Frühling angekündigt. Für die Abschiebungen seien kommerzielle Charterflüge gebucht worden. Zudem seien Hunderte Sachbearbeiter und Richter auserkoren, um mögliche Klagen zu bearbeiten.

Der einzige Flug, der bisher nach Ruanda abheben sollte, wurde per einstweiliger Verfügung vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in letzter Minute gestoppt. Später erklärte das oberste Gericht in Großbritannien den Asylpakt für rechtswidrig. Mit dem Ruanda-Gesetz soll dieses Urteil nun ausgehebelt werden.

Scharfe Kritik vom Europarat

Der Europarat hat Großbritannien wegen des seines umstrittenen Asylpakts mit Ruanda scharf kritisiert. „Die Regierung des Vereinigten Königreichs sollte von der Abschiebung von Menschen im Rahmen der Ruanda-Politik absehen und die tatsächliche Verletzung der richterlichen Unabhängigkeit durch das Gesetz rückgängig machen", sagte der Menschenrechtskommissar des Europarats, Michael O'Flaherty, am Dienstag in Straßburg. Das Gesetz werfe Fragen zu den Menschenrechten von Asylbewerbern und zur Rechtsstaatlichkeit im Allgemeinen auf. „Die Verwaltung von Asyl und Migration ist zweifellos ein komplexes Unterfangen für Staaten, aber sie muss stets in voller Übereinstimmung mit internationalen Standards erfolgen", sagte O'Flaherty.

Der Europarat ist von der EU unabhängig und wurde 1949 zum Schutz von Demokratie, Menschenrechten und Rechtsstaat in Europa gegründet. Der zum Europarat gehörende Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGRMR) hatte 2022 Großbritannien daran gehindert, Asylsuchende verschiedener Nationalitäten per Flieger nach Ruanda zu schicken, wo sie stattdessen einen Asylantrag stellen sollten.

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Für die konservative Regierung, die angesichts eines gewaltigen Rückstands in den Umfragen im Jahr der Parlamentswahl unter erheblichem Druck steht, ist die irreguläre Migration ein Ärgernis. Premier Sunaks Schlagwort lautet „Stop the Boats": Er will die Schlauchboote aufhalten, mit denen Menschen über den Ärmelkanal kommen. 2023 waren es knapp 30.000, von Januar bis März 2024 waren es mit mehr als 4600 so viele wie noch nie in einem ersten Quartal.

Forderungen nach einem Ruanda-Modell kommen in Deutschland vor allem aus der Union und der FDP. Ablehnung kommt von den Grünen. Die SPD ist ebenfalls skeptisch. Kanzler Olaf Scholz (SPD) und die Regierungschefinnen und -chefs der Länder hatten sich im November darauf verständigt, dass die Bundesregierung prüft, ob Asylverfahren außerhalb Europas möglich sind. Bis zum Juni soll ein Ergebnis vorliegen.

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