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Studie aus Kassel: Polizeipräsenz kann Sicherheitsgefühl verringern

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Die Wahrnehmung von Polizeipräsenz kann zu einem größeren Unsicherheitsgefühl führen, selbst wenn Bürger sich die Präsenz gewünscht haben. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die den Einfluss von Polizeipräsenz auf das Sicherheitsgefühl und die Kriminalitätslage in Kassel untersucht hat. „Mehr Polizeipräsenz führt demnach zu mehr Unsicherheitsgefühl bei den Menschen", sagte der Kriminologe Tim Pfeiffer von der Justus-Liebig-Universität in Gießen bei der Vorstellung der Ergebnisse am Montag.

Der Professor für Kriminologie an der Liebig-Universität hat die Untersuchung in Kooperation mit dem Polizeipräsidium Nordhessen und der Stadt Kassel erstellt. Sähen Menschen etwa beim Blick aus der Wohnung häufiger die Polizei, könne sich das negativ auf das Sicherheitsgefühl auswirken, sagte Pfeiffer. „Es scheint die Meinung vorzuherrschen: Wo Polizei ist, da passiert auch was." Das sei paradox, wünschten sich doch bei internationalen Befragungen knapp zwei Drittel der Teilnehmer mehr Polizeipräsenz, um die Sicherheit in ihrer Stadt zu verbessern.

Kasseler Studie auf die Bundesrepublik übertragbar

Zur Frage, ob die Präsenz auch die gewünschte Wirkung habe, gebe es kaum aussagekräftige Untersuchungen, so Pfeiffer. Das Experiment in Kassel sei das erste seiner Art bundesweit und lasse sich auf die Bundesrepublik übertragen.

Im Rahmen des Experiments gaben 2022 und 2023 zufällig ausgewählte Kasseler in zwei stadtweiten Befragungen Auskunft über ihr Sicherheitsgefühl. Ohne ihr Wissen fand in den zwölf Monaten zwischen den Befragungen in anderen Vierteln eine Verstärkung der Streifentätigkeit in ihrer Wohngegend statt. Zwei- bis dreimal wöchentlich waren Polizisten durchschnittlich 13 Minuten als Fußstreifen unterwegs. In Kontrollgruppen gab es keine Veränderung der Polizeipräsenz.

Die Befragung habe ergeben, dass das Unsicherheitsgefühl der Bürger mit erhöhter Polizeipräsenz in ihrer Wohngegend signifikant zugenommen habe, so Pfeiffer. Zudem nahm die Wahrnehmung von Drogenabhängigen, Betrunkenen und Lärmbelästigungen als Problem in der Wohngegend zu. Pfeiffer sprach von einem Präsenzparadoxon: „Stellen Sie sich vor, das Sicherheitsgefühl nimmt ab, die Bevölkerung wünscht sich mehr Polizei. Sie setzen mehr Polizei ein. Die Bevölkerung fühlt sich unsicher, nimmt verstärkt Probleme wahr und wünscht sich deswegen Polizei, damit die diese Probleme löst. Das ist ein Teufelskreis."

Das Experiment zeige aber nicht, dass Polizeipräsenz nicht gebraucht werde, sagte Pfeifer. „Das wäre ein Fehlschluss." Sie sei in bestimmten Situationen sehr vielversprechend, und da müsse sie auch zum Einsatz kommen.

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