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Kriegsangst bläht Militäretat auf

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Deutschland weltweit auf Platz 7 Kriegsangst bläht Militäretat auf

23.04.2024, 00:20 Uhr Artikel anhören

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Der russische Angriffskrieg treibt die Militärausgaben weltweit in die Höhe. Den mit Abstand stärksten Anstieg verzeichnen schwedische Forscher jedoch in Europa. Ein Blick auf die Karte zeigt: Je näher die russische Grenze, desto größer die Sorgen.

Die weltweiten Militärausgaben haben im zurückliegenden Jahr ein neues Rekordniveau erreicht. Bereits zum neunten Mal in Folge übertrafen die Ausgaben die Zahlen des Vorjahres, wie aus aktuellen Daten des Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri hervorgeht. Die schwedischen Wissenschaftler werten Angaben zu den militärischen Investitionen aus allen Ländern der Welt aus und rechnen die Budgetzahlen - soweit verfügbar - zur besseren Vergleichbarkeit in Dollar um.

Im Jahr 2023 stiegen die Militärausgaben der jüngsten Sipri-Auswertung zufolge inflationsbereinigt um 6,8 Prozent auf 2,44 Billionen Dollar (rund 2,28 Billionen Euro) an. Das ist der stärkste Anstieg im Jahresvergleich seit 2009. Auf vergleichbarer Basis und in konstanten Wechselkursen gerechnet lag das weltweite Militärbudget bei 2,39 Billionen Dollar.

Besonders stark zogen die Militärausgaben in Europa an. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Auslöser des beispiellosen Anstiegs sei ohne Zweifel der russische Überfall auf die Ukraine, heißt es aus Stockholm. Die politischen Auswirkungen des Krieges schlagen sich in der Sipri-Analyse für 2023 erstmals in vollem Ausmaß nieder.

Doch nicht nur in Europa wird zu Beginn der 2020-er Jahre massiv aufgerüstet: Krisen und Konflikte schwelen in weiteren Teilen der Welt. Die zehn finanzstärksten Militärmächte der Welt haben durch die Bank ihre Ausgaben deutlich erhöht. "Alle Regionen, die wir abbilden, haben zugenommen", erklärte Sipri-Forscher Lorenzo Scarazzato.

"Das gibt uns eine Perspektive für eine Welt, die sich weniger sicher fühlt und vielleicht eher auf harte Sicherheitsmaßnahmen als auf diplomatische Mittel zurückgreift." Ein Land, so Scarazzato weiter, nehme Spannungen und Instabilität wahr und strebt daher statt diplomatischer Mittel lieber nach harter Sicherheit, investiere also möglicherweise mehr in Militärausgaben. "Einer der Hauptgründe ist natürlich die russische Invasion in der Ukraine. Wir haben gesehen, wie das in Europa zu einem Anstieg der Militärausgaben geführt hat", erklärte der Friedensforscher.

Bei den Militärausgaben nach Ländern bleiben die Vereinigten Staaten unangefochten an der Spitze. Die US-Ausgaben alleine tragen mit 916 Milliarden Dollar (knapp 859 Milliarden Euro) mehr als ein Drittel (37 Prozent) zum weltweiten Militärbudget bei.

Der direkte Vergleich mit der Volksrepublik China führt die Dimensionen vor Augen: Die USA pumpen etwa dreimal mehr Dollar in ihren Verteidigungsapparat als die Chinesen. Mit 12 Prozent der weltweiten Ausgaben gab Peking geschätzte 296 Milliarden Dollar für das Militär aus - sechs Prozent mehr als im Vorjahr. Zusammen machten diese beide Staaten - Nr. 1 und Nr. 2 in der weltweiten Rangliste - etwa die Hälfte der weltweiten Ausgaben 2023 aus.

Insgesamt blieben die obersten sieben Plätzen im Sipri-Ranking 2023 konstant. Auf Platz drei steht demnach Russland, gefolgt von Indien und Saudi-Arabien, wie auch bereits 2022. Deutschland rangierte abermals auf dem siebten Platz der Staaten mit den größten Ausgaben - kurz hinter Großbritannien.

Mehr Geld für Sicherheit und Freiheit: Jede Anschaffung, jede Flugminute kostet Unsummen.

(Foto: REUTERS)

Der größte prozentuale Anstieg in der Gruppe der Top 10 ergab sich in der Sipri-Analyse in der Ukraine. Unter dem Eindruck der russischen Invasion schnellten die ukrainischen Militärausgaben im Vergleich zum Vorjahr um 51 Prozent auf 64,8 Milliarden Dollar (etwa 60,7 Milliarden Euro) nach oben.

Moskau muss laut Sipri-Schätzung in absoluten Zahlen deutlich mehr Geld für den Angriffskrieg ausgeben. In Russland kletterten die Militärausgaben im zweiten Kriegsjahr den Angaben zufolge um 24 Prozent auf geschätzte 109 Milliarden Dollar (etwa 102 Milliarden Euro).

Je näher an Russland ...

Der Krieg in der Ukraine wirkt sich allerdings nicht nur in Russland massiv auf die Haushaltsplanungen aus. Die neue Bedrohungslage verändert auch das Sicherheitsempfinden in den europäischen Ländern - und das in sehr unterschiedlichen Ausmaßen, wie mit einem Blick auf die Europa-Karte schnell erkennbar wird. Die Frage, wie viel Steuergeld in die Stärkung der nationalen Verteidigungsfähigkeiten investiert werden kann, hängt dabei anscheinend auch von der Distanz zu Russland ab.

Der prozentual stärkste Anstieg zeigt sich in den Sipri-Daten vor allem in jenen Ländern, die geografisch näher an Russland liegen oder die sich - wie etwa Finnland, Estland oder Polen - eine Grenze mit dem russischen Nachbarn teilen. Staaten im Süden oder Westen Europas weisen in den Sipri-Daten vergleichsweise niedrige Zuwächse auf.

Im polnischen Staatshaushalt zum Beispiel haben sich die Militärausgaben unter dem Eindruck des Krieges mit umgerechnet 31,6 Milliarden Dollar 2023 im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt. In Deutschland kletterten sie laut Sipri dagegen "nur" um 19 Prozent, in Italien um magere 2,4 Prozent.

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