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Ein Corona-„Superbonus" rächt sich: Wie Italiens Staatshaushalt explodiert

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Gebäudesanierung auf Staatskosten

Ein Corona-„Superbonus" rächt sich: Wie Italiens Staatshaushalt explodiert

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Häuser in der italienische Region Emilia-Romagna

Quelle: imago images/UIG

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Die Schieflage des italienischen Staatshaushalts wird immer bedenklicher: Statt 4,3 Prozent des BIP betrug das Defizit im letzten Jahr 7,4 Prozent. Hauptgrund für das Fiasko ist eine irrwitzige Subvention, die nach der Pandemie beschlossen worden war.

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Rom. Italiens Finanzminister Giancarlo Giorgetti greift inzwischen zu immer dramatischeren Bildern, um die verheerenden Auswirkungen des „Superbonus" zu beschreiben: „Er ist eine infernalische Kriegsmaschine, ein Monster, das schon auf schlimme Weise geboren wurde", erklärte Giorgetti am Montag im Parlament. Das von ihm angesprochene „Monster" wurde 2021 geboren, als die damalige Regierungskoalition aus der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung und den Sozialdemokraten diverse Subventionen beschloss, um die in der Pandemie schwer gebeutelte Wirtschaft wieder anzukurbeln. Die großzügigste davon war der sogenannte „Superbonus": Er ermöglichte es privaten Hauseigentümern, ihre Liegenschaft vollständig auf Kosten des Staates sanieren zu lassen. „Eine unglaubliche Geschichte, die schon auf der halben Welt zu Heiterkeit geführt hat", betonte der Finanzminister.

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Ihm selber ist nicht zum Lachen zumute. Denn die verschiedenen Boni kommen den Staat teuer zu stehen: Etwa 220 Milliarden Euro werden die Subventionen laut Giorgetti insgesamt kosten. Das ist sechsmal mehr, als in vier Jahren für das Grundeinkommen ausgegeben wurde, bis es Ende 2023 von der Rechtsregierung von Giorgia Meloni wieder abgeschafft wurde. Und weil die Boni nicht als direkte Zuschüsse, sondern in Form von Steuergutschriften gewährt wurden, werden sie die Staatskasse auch noch in den kommenden drei bis vier Jahren in Form von Steuerausfällen belasten. Bereits im vergangenen Jahr hat der „Superbonus" zu Ausfällen von 77 Milliarden Euro geführt. Nun explodiert deswegen das Defizit: Statt 4,3 Prozent des BIP, wie im Haushaltsgesetz 2023 geplant, betrug es 7,4 Prozent, gab das nationale Statistikamt am Montag bekannt.

Auch die italienische Wirtschaft lahmt

Die irrwitzigen Subventionen der damaligen Regierung von Giuseppe Conte waren nur möglich gewesen, weil die europäischen Haushaltsregeln pandemiebedingt ausgesetzt wurden - und sie sind der schlagende Beweis dafür, wie unverzichtbar diese Regeln sind. Im laufenden Jahr wird der europäische Stabilitätspakt in leicht reformierter Form wieder in Kraft gesetzt. Die alten Parameter bleiben bestehen: Das Defizit darf langfristig nicht höher als 3 Prozent des BIP betragen, die Staatsverschuldung 60 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung nicht überschreiten. Stark verschuldeten Staaten wie Italien soll im Vergleich zu früher etwas mehr Flexibilität beim Schuldenabbau eingeräumt werden.

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Ein Defizitverfahren durch die EU-Kommission wird Italien in diesem Jahr dennoch kaum vermeiden können - zumal die Zukunftsaussichten alles andere als rosig sind. Im Staatshaushalt 2024 ist wie im Vorjahr ein Defizit von 4,3 Prozent vorgesehen - aber wie schnell eine solche Prognose durch den „Superbonus" zu Makulatur werden kann, hat man gerade gesehen. Hinzu kommen wegen des höheren Zinsniveaus gestiegene Ausgaben für den Schuldendienst: Laut Schätzungen wird Italien im laufenden Jahr 100 Milliarden Euro für Schuldzinsen aufbringen müssen. Der Schuldenberg wird in diesem Jahr die Drei-Billionen-Marke überschreiten. In absoluten Zahlen ist dies der mit Abstand höchste Wert aller EU-Staaten; in Relation zum BIP liegt nur jener von Griechenland noch höher.

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Trotz des drohenden Defizitverfahrens und der hohen Verschuldung zeigte sich Giorgetti im Parlament zuversichtlich. „Die von der EU möglicherweise verlangten Korrekturen liegen in unserer Reichweite", sagte der Finanzminister. Woher er seinen Optimismus nimmt, bleibt freilich sein Geheimnis. Denn Italiens Wirtschaft lahmt ähnlich wie die deutsche: Bei der Erstellung des Staatshaushalts 2024 rechnete die Regierung mit einem Wachstum von einem Prozent - diese bescheidene Prognose ist am Montag von der italienischen Zentralbank Banca d'Italia auf 0,6 Prozent gesenkt worden. Beobachter vermuten, dass die Rechtsregierung von Giorgia Meloni kurz vor den Europawahlen keine harten Sparmaßnahmen ankündigen will. Aber nach den Wahlen könnte auf die Italienerinnen und Italiener eine böse Überraschung warten.

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