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Böllerwurf-Prozess: Gericht verhängt drei Jahre Haft gegen Haupttäter

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Die Explosion eines illegalen Böllers beim Bundesligaspiel des FC Augsburg gegen Hoffenheim im November forderte zwölf Verletzte. Nun folgte ein strenges Urteil.

Beim Urteil im sogenannten Böllerwurf-Prozess am Landgericht Augsburg flossen viele Tränen - auf der Anklagebank, vor allem aber im Zuschauerraum. Der Gerichtssaal war am Montag bis auf den letzten Platz gefüllt. Angehörige und Freunde der vier angeklagten Fans der TSG Hoffenheim verfolgten die Urteilsverkündung. Dafür waren sie weit angereist. Das Quartett musste sich seit mehreren Wochen für den verheerenden Böllerwurf beim Heimspiel des FC Augsburg gegen die TSG am 11. November des vergangenen Jahres vor Gericht verantworten. Vor allem beim Hauptangeklagten, einem 28-Jährigen, fiel das Urteil verhältnismäßig hart aus, gegen ihn verhängten die Richter eine dreijährige Haftstrafe. 

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Die Explosion eines illegalen Böllers beim Bundesligaspiel des FC Augsburg gegen Hoffenheim im November forderte zwölf Verletzte. Nun folgte ein strenges Urteil.

Video: Ina Marks

"Wir hatten es nicht mit einem normalen Fall von Pyrotechnik zu tun, sofern das überhaupt normal ist", sagte der Vorsitzende Richter Christoph Kern in seiner Urteilsbegründung. Vielmehr habe es sich um einen massiven Sprengstoffvorfall gehandelt, der nicht nur Leib und Leben gefährdet, sondern auch 26.000 Besucher im Augsburger Stadion in Terrorangst versetzt habe. "Sie haben die rote Linie deutlich überschritten", so Kern zu den Angeklagten. Er zitierte aus Chatverläufen, aus denen hervorgegangen war, dass den Hoffenheim-Fans die Massivität des verbotenen Mamba-Böllers bewusst gewesen sein muss. "Junge, da wackelt das Stadion", "der reißt ihm den ganzen Arm weg" oder "Mamba-Böller, das ist geisteskrank" hieß es in den Unterhaltungen. "Solche Böller werden teils zur Sprengung von Geldautomaten verwendet", meinte Richter Kern, um die Dimension der Gefahr zu verdeutlichen. Der 28-jährige Hauptangeklagte hatte den verbotenen Böller in der Unterhose ins Stadion geschmuggelt. Er warf den Sprengstoffkörper in der 53. Minute der Bundesligapartie im Gästeblock in Richtung Spielfeld.

Augsburger Staatsanwalt: Böllerwurf im FCA-Stadion hätte tödlich sein können

Als das Urteil gegen ihn, der seit fast sechs Monaten bereits in U-Haft sitzt, fiel, war aus seinem Gesicht sämtliche Farbe gewichen. Staatsanwalt Gregor Hohenadl hatte zuvor knapp fünf Jahre Haft gefordert. In seinem Plädoyer betonte Hohenadl die Gefährlichkeit des Böllers. "Wir reden hier nicht über einen Silvesterböller, sondern über einen Gegenstand, der, wenn er in der Hand losgeht, die Hand wegreißt, und wenn er an einen Hals trifft, tödlich sein kann." Juristisch ging es um eine Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion und gefährliche Körperverletzung. Im Zuschauerraum begannen Angehörige zu weinen, es wurde laut geschluchzt. Kurz in Tränen brach auch der mitangeklagte 35-Jährige aus, als sein Urteil verlesen wurde. 

Bei der Explosion des Böllers in der WWK-Arena wurden mindestens zwölf Menschen verletzt. Die Einsatzkräfte schirmten damals mit einem Sichtschutz Verletzte während der Erstversorgung ab.

Foto: Klaus Rainer Krieger

Während die Staatsanwaltschaft für ihn wegen Beihilfe zwei Jahre Haft ohne Bewährung gefordert hatte, kam der Mithelfer letztendlich mit einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten davon. Er war zuletzt an einem Verhandlungstag in Untersuchungshaft genommen worden war, weil er einen Zeugen beeinflusst haben soll. Als die Bewährungsstrafe für ihn verkündet wurde und er somit wieder auf freien Fuß durfte, schien eine Last von ihm abzufallen. Zuvor hatte er in einem letzten Wort noch weinerlich gesagt: "Ich habe Angst, mein Leben zu verlieren, das ich mir so mühsam aufgebaut habe. Ich entschuldige mich von ganzem Herzen." Entschuldigt haben sich letztendlich alle vier Angeklagten. Die 28- und 31-jährigen weiteren Angeklagten wurden ebenfalls der Beihilfe schuldig gesprochen.

Rauch war in dem TSG Hoffenheim Fanblock nach dem Böllerwurf zu sehen.

Foto: Harry Langer, dpa

Einer erhielt ein Jahr und drei Monate Haft, der andere ein Jahr - beides auf Bewährung. Alle drei müssen zudem jeweils eine Geldstrafe in Höhe von 5000 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung zahlen. Der Hauptangeklagte hat bereits 3000 Euro Schmerzensgeld an einen Nebenkläger entrichtet. Der 67-jährige Fußballfan aus Mannheim, der damals auch das Bundesliga-Spiel in der WWK-Arena verfolgte, leidet seit der Explosion unter Tinnitus. Seine Anwältin Marion Zech hielt in ihrem Plädoyer als Nebenklagevertreterin den vier Angeklagten eine Standpauke.

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Zech sprach von einer "riesigen Menge Dummheit". So einen Wurf, sagte sie, könne man nicht kontrollieren. "Das ist völliger Quatsch. Und wofür? Um einen Knall zu erzeugen und Aufmerksamkeit zu erregen? Wie krank ist das denn!" Zech betonte, dass es sich bei den Angeklagten um keine Pubertierende handele, sondern um erwachsene Menschen, die im Leben stünden. "Das macht sprachlos." Tatsächlich ist keiner der vier Angeklagten bislang vorbestraft. Sie gelten nicht als Mitglieder der Ultra-Fanszene. Sowohl die Anwältin als auch ihr Mandant erhofften sich von dem Urteil Signalwirkung in der Fußball-Fanszene. "Es schadet nicht, dass andere davon erfahren. Denn auch Pyrotechnik kann in den Stadien gefährlich werden", meinte der Nebenkläger am Rande des Prozesstags. Er hätte sich sogar härtere Strafen gewünscht. Nicht nur er wurde von dem Böller beeinträchtigt.

Mehrere Verhandlungstage am Landgericht Augsburg

Insgesamt wurden mindestens zwölf Menschen verletzt, als der Böller hochging. Ein Kind trug eine tiefe Fleischwunde davon. Meist handelte es sich um Knalltraumata und um Schocks. Unter den Leidtragenden waren fünf Minderjährige. Schüler des Maria-Stern-Gymnasiums hatten bei einem Wettbewerb Freikarten für das Spiel gewonnen, sie hielten sich in der Nähe des Gästeblocks auf. Laut Richter Christoph Kern sei der Böller nur wenige Zentimeter neben zwei Kindern im Alter von zwölf und 14 Jahren detoniert. 

Die Beweisaufnahme in dem Verfahren hatte mehrere Verhandlungstage in Anspruch genommen, eines der wichtigsten Beweismittel war ein Video aus dem Stadion. Die Verteidiger wollen das Urteil nun prüfen. Wahrscheinlich werde man dagegen vorgehen, sagte Michael Kolczkowski, der den Haupttäter verteidigt.

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