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Italienische Esskultur: Mailänder Einzelhandel kritisiert neues Takeaway-Verbot

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»Was macht die italienische Durchschnittsfamilie im Sommer? Sie geht nach dem Abendessen spazieren und holt sich ein Eis«, sagte Marco Barbieri, Vorsitzender der Mailänder Abteilung des italienischen Einzelhandelsverbands, dem »Observer«  . Doch das ist jetzt nicht mehr so einfach. In einem Versuch, das Nachtleben im belebten Viertel Porta Venezia für Anwohner zu beruhigen, hat die Stadt ein Verkaufsverbot für Takeaway-Essen und Getränke zu bestimmten Zeiten verhängt. In Geschäften, kleinen Ständen, Bars und sogar Automaten bekommen Nachtschwärmer nach Mitternacht nichts mehr.

Das Verbot gilt werktags von Mitternacht bis sechs Uhr morgens und in den Nächten von Freitag und Samstag von 1.30 Uhr bis sechs Uhr morgens bis mindestens 19. November. Für Straßenverkäufer gelten sogar noch strengere Regeln. Sie dürfen zwischen 18 Uhr und sechs Uhr gar nicht mehr in das Viertel. Die neuen Vorschriften wurden eingeführt, nachdem Anwohner die Stadt wegen des nächtlichen Lärms verklagt hatten, wie unter anderem »Euronews«  berichtete.

Der Mailänder Bürgermeister Giuseppe Sala sagte der italienischen Nachrichtenagentur Ansa: »Diese Idee der 24-Stunden-Stadt, in der die Öffnungszeit immer ist, überzeugt mich nicht mehr«. Und weiter: »Ich glaube, dass die Städte sich auch ausruhen sollten wie wir Menschen und einen Zeitplan haben sollten, der für alle ein wenig besser geeignet ist«.

Doch was Anwohner befürworten, ist vielen Einzelhändlern ein Dorn im Auge. Barbieri sieht auch einen Nachteil für die Mailänder. Nachts noch ein Eis zu essen sei Teil der italienischen Kultur. »Es handelt sich um eine klassische Tradition, und es ist klar, dass die Menschen nicht glücklich sind, wenn man in diese Art von kulturellen Gewohnheiten eingreift«, so Barbieri zum »Observer«. Er verstehe zwar, dass Anwohner vom ständigen nächtlichen Lärm genervt seien, doch Verbote lösen für ihn das Problem nicht.

»Ein Verbot, bei einem Spaziergang eine Flasche Wasser zu trinken oder ein Eis oder eine Pizza zu essen, wird nichts bringen, denn die Leute werden trotzdem draußen bleiben«, sagte Barbieri. »Glauben Sie, dass ein 25-Jähriger um Mitternacht nach Hause geht, nur weil er keinen Imbiss bekommen kann? Was ist mit den Touristen, die nach Mitternacht noch ein Eis essen wollen? Ist dieser Verwaltung klar, was sie da tut?«

Ob das neue Verbot den Anwohnern nun die gewünschte Ruhe bringt, oder ob auch sie das nächtliche Eis irgendwann vermissen, wird sich zeigen.

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