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Strompreise im Minus: So könnte sich das Solarpaket auswirken

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Stand: 29.04.2024, 18:00 Uhr

Von: Max Schäfer

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Mit dem Solarpaket will die Ampel-Koalition die Hürden beim Ausbau der Solarnergie beseitigen. Durch das höhere Angebot werden die Preise sinken. Ist das zu viel des Guten?

Berlin - Die Ampel-Koalition macht bei der Energiewende Druck. Der Bundestag hat das Solarpaket I verabschiedet. Das neue Gesetz soll den Bau von Solaranlagen vereinfachen. Damit will die Bundesregierung dem Ziel näherkommen, bis 2030 Photovoltaikanlagen mit einer Leistung von 200 Gigawatt zu installieren und den Anteil der Erneuerbaren an der Stromversorgung von 52 Prozent 2023 auf mindestens 80 Prozent 2030 zu steigern.

Bisher liegt die installierte Leistung im Bereich Solarenergie bei etwa 82 Gigawatt. Allein 2023 sind laut Bundesnetzagentur 14,1 Gigawatt hinzugebaut worden. Das ist eine Verdopplung der neu gebauten Leistung im Vergleich zum Vorjahr. 2024 dürfte sich das beschleunigen. Damit nimmt Deutschland bei den erneuerbaren Energien eine Spitzenposition in der EU ein.

Durch das Solarpaket könnten die Strompreise stark fallen - sogar ins Minus

Mit dem größeren Angebot von Solarenergie auf dem Markt dürften auch die Strompreise fallen. „Die Folge könnte sein, dass in Zeiten mit hoher Solarstromeinspeisung die Strompreise stark fallen", erklärte Alexander Weiss, Energieexperte bei McKinsey, gegenüber dem Handelsblatt.

Der Preissturz durch ein Überangebot von Solarenergie in sonnenreichen Zeiten könne sogar zu negativen Preisen führen. Das sei bereits jetzt der Fall, erklärte Christoph Bauer, Professor für Energiewirtschaft an der TU Darmstadt. „Negative Strompreise werden an diesen Tagen von der Ausnahme zum Normalfall." Die Zahl der Stunden habe sich von 2022 auf 2023 um das Vierfache erhöht. Bauer rechnet 2024 mit einer weiteren Verdopplung.

Durch schnellen Ausbau von Solarnergie könnten Betreiber Probleme bekommen

Negative Strompreise treten auf, wenn die Stromerzeugung den Verbrauch übersteigt. Wer dabei Strom ins Netz einspeist, erhält kein Geld, sondern muss für den eingespeisten Strom bezahlen. Bisher gibt es jedoch keine Alternativen. Für einige Betreiber von Photovoltaikanlagen führt laut Bauer zu doppelten Kosten. Diese entstehen durch Vergütungen für die Einspeisung sowie durch Verluste beim Stromverkauf zu negativen Preisen.

Deutschland investiert massiv in den Ausbau der Solarenergie - beschleunigt durch das Solarpaket der Ampel. (Symbolfoto) © Marijan Murat/dpa

Zudem werde es damit immer schwerer für Anlagenbetreiber, die Vollkosten zu verdienen, zitierte das Handelsblatt Weiss am Dienstag, 23. April. Sie können Probleme bekommen, wenn sie am kurzfristigen Strommarkt, dem Spotmarkt, verkauften.

Forderungen nach Regulierung von Solarstrom

Um das Problem zu lösen, schlägt Bauer vor, auch die Einspeisung von kleineren Photovoltaikanlagen zu steuern. Diese haben laut Bundesnetzagentur 2023 den größten Anteil bei der neu installierten Leistung ausgemacht. Bisher wird deren Einspeisung jedoch nicht gesteuert. Bauer will das ändern und Smart Meter einbauen, die Stromerzeugung, Speicherung und Verbrauch aufeinander abstimmen.

Eine andere Option ist laut Fachleuten ein zielgerichteter Ausbau der Sonnenenergie. McKinsey hat etwa in einer Studie vorgeschlagen, den Photovoltaikausbau leicht zu reduzieren, Eon-Chef Leonhard Birnbaum brachte eine regionale Steuerung des Ausbaus der erneuerbaren Energien ins Spiel.

Experte fordert Ausbau von erneuerbaren Energien - und flexiblen Stromverbrauch

Demgegenüber ist Stefan Dohler, Chef von EWE, der Ansicht, dass Deutschland „jede grüne Kilowattstunde" brauche, um die Energiewende und die Klimaneutralität bis 2045 zu erreichen. Es sei jedoch wichtig, Anreize zu schaffen, um den Strom dann zu verbrauchen, wenn gerade viel grüner Strom zur Verfügung stehe.

Den „großen Hebel" der Flexibilisierung der Nachfrage nutze die Bundesregierung jedoch noch nicht aus, kritisierte Achim Wambach, Leiter des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in der Wirtschaftswoche. Privathaushalte müssten dann Strom verbrauchen, wenn viel davon vorhanden sei.

Haushalte könnten ihre Waschmaschine „in der Mittagszeit, wenn viel Sonne scheint und vielleicht auch der Wind weht" laufen lassen. „Und wenn es nicht die Waschmaschine ist, dann vielleicht das Elektrofahrzeug, das dann aufgeladen wird, wenn der Strom günstig ist." (ms)

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