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Nordkoreanischer Server-Fehler legt illegale Zeichentrick-Arbeit​ offen

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Nordkoreas Regime verschafft sich weiterhin Einnahmen durch den Export von Zeichentrickfilmen und umgeht damit internationale Wirtschaftssanktionen. Aufgedeckt hat dies Nick Roy, ein eifriger Beobachter der überschaubaren Online-Präsenzen Nordkoreas. Er hat 2023 einen Server unter einer nordkoreanischen IP-Adresse gefunden, der falsch konfiguriert war, sodass umfangreiches Datenmaterial frei einsehbar war.

Das berichtet das Stimson Center. Gefunden hat Nick Roy demnach neben Logs vor allem Dateien, die die täglichen Arbeitsfortschritte eines nordkoreanischen Animationsstudios einerseits, und Arbeitsanweisungen andererseits, zeigen. Hinzu kamen Dateien, deren Zweck sich nicht zweifelsfrei erschließt, beispielsweise ein chinesischer Film über Basketball oder russische Anweisungen zur Haltung von Pferden. Die Anweisungen für das Trickfilmstudio waren auf Chinesisch abgefasst und mit nordkoreanischen Übersetzungen versehen.

Einige der Projekte, an denen in Nordkorea gearbeitet wird, konnte Roy gemeinsam mit von ihm beigezogenen Mitarbeitern des Stimson Center identifizieren: Staffel 3 der Amazon.com-Serie Invincible, eine neue Superhelden-Zeichentrickserie für HBO Max, sowie eine neue japanische Serie. Außerdem lagen da neben einer nicht identifizierten chinesischen Produktion auch die BBC-Zeichentrickserie Octonauts, an denen aber offenbar in Nordkorea nicht (mehr) gearbeitet wurde.

Hinweise darauf, dass die Geldgeber in den USA und Japan wussten, dass ihre Aufträge in Nordkorea erledigt werden, sind nicht bekannt. Mandiant, eine auf IT-Sicherheit spezialisierte Google-Tochter, hat die Serverlogs analysiert. Dabei hat Mandiant festgestellt, dass Zugriffe auf den Server aus Nordkorea, über virtuelle private Netzwerke (VPN), sowie direkt über IP-Adressen aus Spanien und China erfolgt sind. Gemeinsam mit den chinesischen Anweisungen deutet dies darauf hin, dass chinesische (Sub-)Unternehmen Aufträge annehmen und an die billigeren Arbeiter in Nordkorea auslagern.

Die Erbdiktatur ist schon seit Jahrzehnten im Zeichentrickgeschäft. Einen interessanten Einblick in die Abläufe vor Ort im Jahr 2001 verschafft das Comicbuch "Pjöngjang" des kanadischen Zeichners Guy Delisle. Er war damals im Auftrag des französischen TV-Senders TF1 zwei Monate in der nordkoreanischen Hauptstadt, um die Arbeiten vor Ort auf Schiene zu bringen. Aufgrund nordkoreanischer Atomwaffentests im Jahr 2006 haben die Vereinten Nationen ab diesem Jahr schrittweise immer strengere Wirtschaftssanktionen verhängt, sodass die 2001 noch legale Kooperation inzwischen international verboten ist.

Das Regime versucht natürlich laufend, die Sanktionen zu umgehen. Zu den Methoden gehören unter anderem Onlineverbrechen, Waffen- und Drogenhandel, Scheinfirmen, Machenschaften von Diplomaten, Handel unter falschen Angaben, die Verschiffung von Arbeitskräften in abgeriegelte Fabriken in verschiedenen befreundeten Ländern, Bauarbeiten in befreundeten Staaten, und der verschleierte Export von Dienstleistungen. Dazu gehören neben Zeichentrickfilmen beispielsweise IT-Aufträge aller Art. Dabei übernehmen Nordkoreaner unter falschen, nicht-koreanischen Identitäten Aufträge oder lassen sich sogar für Heimarbeit anstellen.

Das FBI und die Regierung Südkoreas drängen westliche Firmen schon seit Jahren darauf, vorsichtiger zu sein, die Identität ihrer Auftrags- oder Arbeitnehmer genauer zu prüfen und auch Subunternehmern auf die Finger zu schauen. Im Oktober ist eine neue Liste mit Empfehlungen erschienen. Wer Opfer nordkoreanischer Irreführung wird, solle das dem FBI, dessen südkoreanischem Partner NIS und der südkoreanischen Polizei melden.

Im Herbst hat das US-Justizministerium über die Beschlagnahme von 1,5 Millionen US-Dollar sowie 17 Internetdomains berichtet, über die Nordkorea unter falschen Angaben IT-Dienstleistungen vertrieben hat. Erwischt wurde auch ein Amerikaner, der vier Laptops an seinen privaten Internetanschluss gehängt hatte. Dafür erhielt er 400 US-Dollar monatlich. Die Laptops dienten demnach nordkoreanischen IT-Arbeitern als Relay, damit es für Dritte so aussah, als würden sie einen privaten Internetzugang in den USA nutzen. Außerdem stellte der Amerikaner ein unter seinem Namen bei einer Onlineplattform eingerichtetes Konto zu Verfügung und schickte die damit generierten Einnahmen abzüglich einer Kommission nach China - monatlich tausende Dollar.

(ds)

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