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Bilanz zum Bürgergeld: Jobcenterbeschäftigte sehen kaum Verbesserungen

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Seit Januar 2023 bekommen Arbeitslose das sogenannte Bürgergeld. Zunächst waren es 502 Euro, zum 1. Januar 2024 wurde der Betrag nochmal auf 563 Euro pro Person angehoben. Es gab viel Zank darum - nicht nur CDU-Politiker befürchteten, dass sich durch die Anhebung die Motivation für Arbeitslose, einen Job anzunehmen, verringert hätte.

Ein Jahr nach der Bürgergeldreform wollte das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) zusammen mit der Ruhr-Universtität Bochum wissen, welche Erfahrungen die Jobcenter-Mitarbeitenden mit den neuen Regeln gemacht haben. Die Bilanz fällt gemischt aus: Mehrheitlich wird das Bürgergeldgesetz skeptisch gesehen.

Die Befragung fand Anfang 2024 statt, eingeladen waren gut 5.800 Beschäftigte der Jobcenter in sieben NRW-Kommunen - darunter Gelsenkirchen, Duisburg, Essen oder Aachen. Knapp 1.900 füllten den Fragebogen aus. Einer der Autoren der Befragung ist Dominik Schad. Er war bis Mitte vergangenen Jahres Leiter des Jobcenters für den Kreis Recklinghausen. Inzwischen ist er Kreisdirektor in Recklinghausen.

WDR: Von 14 neuen Regelungen befanden die Befragten nur vier so sinnvoll, dass sie beibehalten werden sollten. Vor allem die Erhöhung auf 563 Euro schätzen 78 Prozenten der Jobcenter-Mitarbeiter als zu hoch ein. Woran liegt das?

Dominik Schad: Ziel der Studie war ja, ein Jahr nach Einführung des Bürgergelds ein Stimmungsbild der Kolleginnen und Kollegen einzuholen. Es handelt sich aber nicht um eine repräsentativen Studie, sondern eine rein individuelle, subjektive Bewertung der Kollegen. Wir werden uns die Ergebnisse in Gänze anschauen und vor Ort darüber diskutieren: Ob es Zusammenhänge gibt, welche Schlüsse wir daraus ziehen - sowohl intern als auch mit Blick auf Hinweise an die Politik.

WDR: Laut der Befragung geht der Großteil der Jobcenterbeschäftigten davon aus, dass sich die Motivation der Arbeitslosen, zu arbeiten und auch ihre Mitwirkung durch das Bürgergeld "nicht verbessert" habe. Lässt sich mit 563 Euro Bürgergeld zu gut leben, als dass sich ein Job lohnen würde?

Schad: Genau das lässt sich aus dieser Studie nicht ableiten. Der Kausalzusammenhang zwischen Höhe des Geldes und der Bereitschaft zur Arbeitsaufnahme ist ausdrücklich nicht befragt worden. Durch das Bürgergeld haben sich zahlreiche Verfahren und Prozesse geändert - bei Anhörung etwa, Beratungen und Sanktionen. Hier sind die Mitarbeitenden in der subjektiven individuellen Bewertung scheinbar zu der Auffassung gekommen, dass die Motivation nicht gestiegen sondern teils auch gesunken ist.

Das wird auch eine der Kernfragen sein, denen wir in den kommenden Monaten nachgehen werden: Woran liegt das? Welchen Beitrag können wir dazu beitragen, das zu verbessern.

Aber, ganz wichtig: Die Befragung ist ja im Februar durchgeführt worden. Im März sind bereits neue Regelungen durch den Gesetzgeber in Kraft getreten: Bei den sogenannten Totalverweigerern sind jetzt auch umfassendere Sanktionen möglich. Das ist in dieser Studie ausdrücklich nicht mit eingeflossen.

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