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Documenta in Kassel: Mehr Kunst geht nicht

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Stand: 21.04.2022, 13:26 Uhr

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Die documenta findet alle fünf Jahre statt und dauert genau 100 Tage. © Uwe Zucchi/dpa

Die documenta ist auch als „Museum der 100 Tage" bekannt und veranstaltet regelmäßig Ausstellungsreihen zeitgenössischer Kunst. Ausstellungsort ist Kassel.

Kassel - Mit der documenta veranstaltet Kassel die weltweit erfolgreichste Ausstellungsreihe zeitgenössischer Kunst und lädt so die Creme de la Creme der Kunstszene nach Nordhessen ein. Dabei dauert jede Ausstellung genau 100 Tage, weswegen die documenta auch als „Museum der 100 Tage" bezeichnet wird. Zahlreiche Kunstfans versammeln sich so regelmäßig in Kassel und bestaunen über Monate hinweg die sorgfältig inszenierten Werke von Künstlern wie Janet Cardiff (63) und George Bures Miller (60) oder Ai Weiwei (62).

documenta - Gründung und Entwicklung

Nach dem Ersten Weltkrieg entwickelte sich in den 1920er-Jahren in Kassel eine Ausstellungstradition. In den Jahren 1922, 1925, 1927 und 1929 fanden in der Orangerie in Kassel Kunstausstellungen statt. Diese wollten neben der regionalen Kunst die aktuelle Kunst in Deutschland sichtbar machen, schreibt der Kulturkritiker Dirk Schwarze. Während der Zeit des Nationalsozialismus war moderne und polit- kritische Kunst nicht nur unerwünscht, sondern stand auch unter Strafe. Von den Nazis wurden unerwünschte Kunstwerke als „entartete Kunst" bezeichnet und ab 1937 beschlagnahmt. Betroffene Künstler und Künstlerinnen wurden während der NS-Zeit an den Pranger gestellt und verfolgt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg ermöglichte die erste documenta, die durch die Nazis verfemte Kunst wiederzusehen. Dass dies jedoch die ursprüngliche Idee für die Ausstellung war, bezeichnet Arnold Schwarze als eine nachträgliche Überhöhung. Politisch sei der Erfolg der documenta jedoch dadurch begünstigt worden.

Die erste documenta fand schließlich 1955 statt und wurde von dem Künstler und Kurator Arnold Bode (†67, 1977) sowie dem Kunsthistoriker Werner Haftmann (†87, 1999) organisiert. Die documenta-Gründer konnten mit ihrer Kunstausstellung an die Ausstellungstradition der 20er-Jahre anschließen. Die erste documenta wurde im Zuge der Bundesgartenschau 1955 auf die Beine gestellt.

documenta - Erste Ausstellung

Am 15.07.1955 wurde die documenta feierlich eröffnet. Zu Besuch waren damals nicht nur Größen der Kunstszene, sondern auch Politiker wie der damalige Oberbürgermeister Lauritz Lauritzen (†70, 1980) und der damalige Bundespräsident Theodor Heuss (†79, 1963), der auch die Schirmherrschaft für die Kunstausstellung übernommen hatte. Fokus der Veranstaltung war die zur NS-Zeit verbotene Abstrakte Kunst, wobei insbesondere Kunstwerke aus den 20ern und 30ern präsentiert wurden. Insgesamt wurden damals 670 Exponate von 148 Künstlern gezeigt. Schon im ersten Jahr gelang der documenta mit 130.000 Besuchern ein fulminanter Erfolg. Insbesondere die Tatsache, dass schon so früh nach Ende des Zweiten Weltkriegs eine künstlerische Aufarbeitung der NS-Zeit initiiert wurde, fand auch international Anerkennung.

documenta Wortschöpfung

Nicht nur die Ausstellung selbst, sondern auch die Wortschöpfung haben historische Bedeutung. So entschieden sich die Gründer für „documenta", weil sie ursprünglich eine Dokumentation der modernen Kunst anstrebten. Insbesondere zur NS-Zeit verbotene Kunstwerke sollten in der Nachkriegszeit präsentiert und entsprechend „dokumentiert" werden. Zudem setzt sich der Name aus den lateinischen Worten „docere" (lehren) und „mens" (Geist) zusammen. Laut Arnold Bode verkörpere dies den Geist der documenta.

documenta in Kassel

Insbesondere die stets wachsenden Besucherzahlen sowie die hohe mediale Aufmerksamkeit brachten Kassel nicht nur den Ruf einer Künstlerstadt ein, auch der Tourismus konnte kräftig angekurbelt werden. Bei der documenta 14 wurden fast 900.000 Besucher in Kassel gezählt. Die documenta 15 soll 2022 zum ersten Mal unter der Leitung einer Künstlergruppe stattfinden - dem Künstlerkollektiv ruangrupa aus Indonesien. Das Fridericianum sowie der zentrale Friedrichsplatz werden traditionell zur Kulisse bedeutsamer Werke. 1992 wurde zudem im Zuge der DOCUMENTA IX eine eigene documenta-Halle erbaut, in der seitdem regelmäßig Exponate ausgestellt werden. Während der dOCUMENTA (13) wurden einige Exponate ausnahmsweise auch in Afghanistan zur Verfügung gestellt.

documenta - häufig ausgestellte Künstler

Zu den am häufigsten ausgestellten Künstlern gehören:

Die Kunstwerke bei der documenta reichen dabei von Malerei, bis hin zu Fotografie und Installationen im Außenbereich. Während die erste documenta vor allem auf deutsche und italienische Kunst fokussiert war, werden nun Werke aus der ganzen Welt eingebracht. Organisiert wird die Ausstellungsreihe von der „documenta und Museum Fridericianum Veranstaltungs- gGmbH". 

documenta und die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus

Im Gegensatz zu den nachfolgenden Ausstellungen stand bei der ersten documenta anno 1955 die künstlerische Aufarbeitung des NS-Regimes im Fokus. Während der NS-Zeit waren nicht nur Werke von jüdischen und kommunistischen Künstlern zerstört und unzugänglich gemacht worden, auch die bloße Veröffentlichung insbesondere von abstrakten Werken war verboten. Auf YouTube ist ein Informationsvideo mit zahlreichen Werken der ersten documenta verfügbar.

Documenta-Halle: eine Hommage an das Event

Die documenta-Halle wurde 1992 entworfen und weist in der Bauweise postmodern-konstruktivistische Elemente auf. Sie wird sowohl als Ausstellungsort für die namensgebende documenta als auch andere Events wie Theatervorführungen und Messen genutzt. Die documenta-Halle wurde seit 1997 immer für die documenta genutzt. Zwischen den Ausstellungen werden die Räume vermietet.

Am Friedrichsplatz in Kassel gelegen, ist die Anfahrt zur documenta-Halle und zum Fridericianum sowohl per eigenem Fahrzeug als auch über die öffentlichen Verkehrsmittel möglich - Google Maps kann zur Unterstützung herangezogen werden. Auf der Homepage der KVG Kassel oder des Nordhessischen VerkehrsVerbundes (NVV) können Besucher Stunden-, Tages- und Langzeittickets für Fahrten mit dem öffentlichen Nahverkehr in Kassel erwerben. Wer sich einen näheren Eindruck der Räumlichkeiten machen möchte, kann auf der Hallen-Webpage einen Raumplan downloaden.

documenta Termine - wann fanden die Ausstellungen bisher statt?

Die nächste documenta soll 2022 stattfinden. 2017 wurde die Kunstausstellung erstmals nicht nur in Kassel, sondern auch an einem zweiten Standort, nämlich in Athen umgesetzt. Dabei findet die Ausstellung alle fünf Jahre statt und konnte zuletzt mit über einer Million Besuchern in Kassel und Athen und hervorragenden Kritiken überzeugen. Die nächste documenta läuft zwischen dem 18. Juni und 25. September 2022. Auf Instagram gibt es schon einen ersten Vorgeschmack.

documenta - Statistiken und Besucherzahlen

Schon 1955 kamen rund 130.000 Besucher zur documenta. In Anbetracht der Tatsache, dass es sich um die erste Ausstellung handelte und zudem die wirtschaftliche Situation in der Nachkriegszeit überaus angespannt war, hatte die Besucherzahl alle Erwartungen der Veranstalter übertroffen. Von Ausstellung zu Ausstellung durfte sich die documenta über wachsende Popularität freuen und so konnte 1992 sogar die halbe-Million-Marke mit 603.456 Gästen überschritten werden. Für die 2017 stattfindende documenta 14 konnten 891.500 Besucher in Kassel sowie 339.000 Besuche in Athen gezählt werden. Es war das erste Jahr, in dem die documenta auf zwei Städte aufgeteilt wurde.

documenta als Schnittstelle

Zur documenta 14 kam mehr als ein Drittel der Besucher aus 76 verschiedenen Ländern nach Kassel. 65 Prozent der Besucher am Kasseler Standort kamen nach Angaben der documenta aus Deutschland. Ziel der documenta 14 war die Dezentralisierung und Dekolonisation des nordwestlichen Kanons. Das Künstlerkollektiv ruangrupa will mit der documenta 15 eine global ausgerichtete, kooperative und interdisziplinäre Kunst- und Kulturplattform schaffen. Die Kunstausstellung soll so auch über die 100 Tage hinaus wirksam sein. Ruangrupa will mit diesem Konzept Menschen über das allgemeine Kunstpublikum hinaus ansprechen.

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